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Eigentlich hieß er „Rider's Luck Amor”. Doch wir nannten ihn Gonzo. Oder Frittennase. Oder ... „Wir”, das waren meine damalige Freundin Andrea und ich.
Gonzo wurde am 29. März 1992 geboren. Sein Leben dauerte 14 Jahre und 8 Tage. Gestern musste er eingeschläfert werden. „Over a dog! Over an ugly dog!” wundert sich Jack Nicholson
im Film „Besser geht's nicht” über seine eigene Sentimentalität,
als man ihm den ihm anvertrauten Hund wegnimmt. Er hatte ein Hundeleben, aber ich glaube es war ein schönes. Gonzo
hat viel erreicht von dem, was man als Hund so erreichen kann. Einzig im Punkt „Bindung an den Führer” schaffte er es nicht ins Spitzenfeld: Als „Alpha-Rüde” (Erst-geborener Rüde eines Wurfes) hatte er seinen eigenen Kopf. Mit 8 Monaten stürzte er sich schon - es war November - in die eiskalten
Fluten des Rheins, in der Annahme, er könne schneller schwimmen als
Enten, was ihm in der Regel aber nicht gelang. Relativ früh machte Gonzo auch Bekanntschaft mit Pferden. Das erste, das er von hinten angebellt hat, hat ihm mit dem Hufeisen Respekt eingeflößt. Früh konnte er mit dem Fahrrad mitfahren. Dabei stemmte er sich
in den Fahrtwind wie die „Emily” von Rolls Royce. Noch lieber rannte er neben mir her. Ich wurde deshalb oft als Tierquäler beschimpft. Zu Unrecht, denn es war immer Gonzo, der mich zum Wettrennen herausforderte. Und meist war er zu Fuß schneller und ausdauernder als ich mit dem Fahrrad. Gonzo war lernfähig. Dass man unmittelbar nach einem Bad im Gebirgsfluss nicht unter einem elektrischen Weidezaun hindurchkriechen sollte, hat er blitzschnell kapiert. Weitere Lernerfolge waren das korrekte Umlaufen von Laternenpfählen,
ohne sich mit der Leine zu verheddern, sowie das selbständige Umplatzieren
seines Plüschkörbchens. Letzteres war notwendig, um immer beim
Rudel zu sein und dennoch bequem zu liegen. Alleinsein war nicht sein Ding. Es war auch nicht notwendig. Zu Hause, auf dem Weg zur Arbeit, in der Firma: In seiner aktiven Zeit war Gonzo immer bei mir. In der Firma lernten ihn auch so manche Kunden kennen und lieben. Manche brachten bei Besuchen Wurst für ihn mit. So war er bei „von Aichberger & Roenneke” ein allseits
geschätzter Kollege. Er bekleidete nicht nur über viele Jahre
das Amt des „Betriebsrats”, sondern stand auch Modell für
das 1996 eingeführte Firmenlogo: Gonzo war ein Medienhund. Er wuchs auf mit Dia-Multivisionen, Lasershows und Nebelmaschinen ... Er posierte für Katalogfotos. Und auch das Fernsehen wurde auf ihn
aufmerksam. Als das „Kölner Fenster” einen Einspieler
über den Hundeführerschein drehte, war Gonzo dabei. Beim Dreh
im Studio hatte er dann doch ziemliches Lampenfieber. Unvergessen ist
bis heute, wie er aus Nervosität dem Kameramann des WDR ans Bein
pieselte. 1999 kam schließlich der Durchbruch. Im Spielfilm „Gonzo
rennt” spielte er sich selbst inklusive aller Stunts. Der Film handelt
von seiner großen Liebe zu Bullterrierin Susi, vom großen
Fressen und von seinem größten Hobby: Dem Aufspüren und
Zerstören von Quietsche-Entchen. Der Streifen ist bis heute noch
im Internet zu besichtigen: Aber wie es so ist bei Stars: Gonzo hatte Allüren. Neben (seltenen) Übergriffen auf Menschen, vorzugsweise Asoziale und Jogger, durchsuchte er, ohne materiell Not zu leiden, Mülltonnen gerne nach Essensresten und Damenbinden. Aber: De mortuis nil nisi bene. Über Tote soll man nur gut reden. Das gilt auch für Hunde. Und Gonzo war ein guter Hund. Kaum je hat ihn jemand auf den Bürgersteig scheissen sehen. War kein Gebüsch zur Hand, drückte er seine Häufchen gerne nach oben an Bäume oder Straßenlaternen. Sein Tod ist eine Tragödie. Ihm, der die Kampfhund-Hysterie der Großstadt überlebt hat, hätte man weitere Jahre Ruhestand in Holland gegönnt, wo er bis zuletzt von Andreas Schwiegereltern liebevoll betreut worden war. (Danke hierfür an Herbert und Tini!) Aber Gonzo lebt weiter. ... und in den ewigen Jagdgründen mit 1000 gelben Quietsche-Entchen!
Und hier noch weitere Erinnerungen an Gonzo: 25.04.2006 von Frank Langmann: „Gooooooonzoooooooooooooooooo” schallte es im Chor durch die Hallen der „Ackerstraße”, wenn ein Eindringling durch die Türklingel angekündigt, lauthals bebellt wurde. Egal ob Postmann oder Kunde, jeder bekam eine ordentliche Bellpackung ab. Da war wirklich Getöse angesagt, aber Gonzo ließ sich ja gut erziehen. Mit ausgefeiltem Training brachten wir ihm bei, dass Kundenbebellen pfui sei. Hielt er Ruhe und Platz obwohl es klingelte, gab es Lob und Leckerchen. Das Resultat: Es klingelt, der Hund schleckt sich ums Maul, glotzt Beifall heischend aus der Wäsche, fiept und quietscht auf dem Hintern herum, um dann aber wenn sich die Tür öffnet mal richtig loszulegen... „Gooooooonzoooooooooooooooooo” gellte es dem gallopierenden Punkt am Horizont hinterher. Aber woher sollte dieser junge unerfahrene Terrible Jack Russell auch wissen, dass die Erde eine Scheibe ist ... „Gooooooonzoooooooooooooooooo” war der Schlachtruf zum Betriebssport. Dann hieß es Fußballspielen mit dem Tennisball. Auf dem glatten Hallenboden war schnelles Spiel gefordert, der Hund in der Mitte und wir drumherum. Klappte eine Abgabe oder ein Zuspiel nicht präzise, gewann natürlich der Hund, aber der war mit der Schnauze ja auch näher am Ball... „Gooooooonzoooooooooooooooooo” war als Medienhund natürlich mit einer Reihe von Modi programmiert. Und ich, der Mediensteuermann, verstand es, die Programme des Hundes abzurufen: Ein Knall einer Brötchentüte oder eines Luftballons genügten mir, um Gonzo augenblicklich auf Jagdmodus zu schalten: Ein fliegender Hundekorb und ein johlender und heulender Kondensstreifen mit vier Beinen dran. Auf dem glatten Hallenfliesen wurde er gelegentlich aus der Kurve getragen. Dann flog er auf die Schnauze. Besonders effektiv ließ sich der Jagdmodus mit einer Quietscheente aktivieren. Ein kleiner Quietscher und die Ente musste sich sehr gut verstecken. Aber mit seinem „Salzstreuer” hat Gonzo sie immer erschnüffelt... „Gooooooonzoooooooooooooooooo” feuerte ich ihn zu einem Wettrennen auf dem Deich von Westkapelle an. Mal schauen was er drauf hat dachte ich und trat in die Pedale wie blöd. Bei 45 km/h war Schluss bei ihm, viel schneller konnte ich jedoch auch nicht, aber so ein Hund hat halt vier Beine ... dafür hat er sich tags drauf beim Fußball am Strand revanchiert. Endlich Platz reichlich: Hund und Ball waren kaum zu fangen... Gooooooonzoooooooooooooooooo, weiß gar nicht wann ich dich zuletzt gesehen hab, war 2001 oder so. Fast 10 Jahre haben wir ein Studio geteilt und auch wenn du mir gelegentlich auf den Sack gegangen bist, waren es schöne Zeiten und unzählige Erlebnisse mit dir! „Gooooooonzoooooooooooooooooo” höre ich Andrea noch erschrocken rufen, als du auf den Hinterpfoten hüpfend dein bestes Stück fiepend mit den Vorderpfoten hieltest. Man pinkelt nicht gegen elektrische Weidezäune, das ist pfui! Auch im Hundehimmel! |